In den letzten Jahren hat sich Open-Source-Software – das heißt der Einsatz von kommerziell leistungsfähigem und modifizierbarem Quellcode ohne Zahlung von Lizenzgebühren – recht gut gegenüber den kommerziellen Alternativen behauptet. Kombiniert man den Erfolg von Open-Source-Software mit Service-orientierte Architekturen (SOA), der momentan stattfindenden großen Revolution im Bereich der Computerarchitekturen – erkennt man, dass wir uns auf eine Welt hinbewegen könnten, in der die einzigen Dinge, für die wir zahlen müssen (und mit denen die Anbieter von Lösungen Geld verdienen können) Hardware, ausgelagerte Dienstleistungen und Patente (über Lizenzgebühren) sind.
SOAs sorgen dabei dafür, dass sich die Entwicklung immer weiter von Betriebssystem entfernt und in die Schicht der Middleware verlagert. Geht man von den beiden betriebsfähigen Technologien für eine solche Middleware-Schicht aus – Java von Sun und .Net von Microsoft – wird das Betriebssystem selbst als Entwicklungsplattform immer unbedeutender. Aber nicht nur das, sondern auch die verbliebenen unterscheidenden Merkmale, wie Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit, Verwaltbarkeit und Sicherheit, gleichen sich langsam immer weiter an, so dass das Betriebssystem eines Tages kaum mehr sein könnte, als ein stark vermarkteter Kernel mit geringer Funktionalität.
Allein schon dieser Trend ist natürlich keine gute Nachricht für die Lösungsanbieter, die einen beträchtlichen Teil ihrer Gewinne mit den Lizenzgebühren von Betriebssystemen erzielen. Wird eine Open-Source-Alternative aber erst einmal zu einer technisch betriebsfähigen Alternative in einem solchen Markt (wie es Linux und Apache bereits sind), ist alles völlig offen. In den Kartellverfahren gegen Microsoft hat das Unternehmen die von Open-Source ausgehende Bedrohung für Windows eindeutig zugegeben.
Für IT-Manager und Lösungsanbieter besteht die Frage nun darin, ob dieser Open-Source-Effekt den Entwicklern auch in die Middleware-Schicht folgen wird, wo Java und .Net den Ton angeben. Gäbe es technisch und rechtlich realisierbare Open-Source-Alternativen zu den gebührenpflichtigen Middleware-Fundamenten, die auf Jave 2 Enterprise Edition (J2EE) und .Net basieren, wäre die Branche einen Schritt näher an einer Welt, in der lizenzierte Software für den Massenmarkt ein Relikt der Vergangenheit wäre. Bereits heute gibt es Open-Source-Alternativen (JBoss) zu den gebührenpflichtigen J2EE-basierten Anwendungsservern (IBMs WebSphere, BEAs WebLogic, Oracles 9iAS, etc.), und Sun macht keinerlei Anstalten, die Rechte an geistigem Eigentum an Java durchzusetzen, mit denen sich eine solche Entwicklung verhindern ließe.
Wegen der Art und Weise, auf die Open-Source-Projekte wie Apache (ein mit Java verwandtes Produkt) mit dem Java Community Process (JCP) verknüpft sind, befindet sich Sun bezüglich seiner Java-Patente in einem Dilemma. Einerseits bleibt Sun wegen der Bedeutung, die Apache heute für Java-Entwickler und viele missionskritische, Web-basierte Anwendungen zukommt, kaum eine andere Wahl, als die Open-Source-Idee anzunehmen.
Andererseits riskiert Sun, nach der Annahme von Open-Source zur Erfüllung seiner Interessen heuchlerisch dazustehen, wenn das Unternehmen gegen Open-Source-Software zur Erfüllung der Interessen Dritter vorgeht. Im Falle von Sun wurde die Patent-Katze bereits aus dem Sack gelassen und es ist sehr unwahrscheinlich, dass man sie wieder dahin zurückstecken könnte. Jonathan Schwartz, Executive Vice President of Software bei Sun macht sich aber deshalb keine Sorgen. Kürzlich sagte Schwartz in einem Interview, er sei der Meinung, dass sich IT-Manager mit nichts geringerem als J2EE-Servern zufrieden geben werden, deren Kompatibilität zu den Spezifikationen der JCP zertifiziert ist, und dass Open-Source-Implementierungen wie JBoss eine solche Zertifizierung nicht erhalten können. Vielleicht sollte Schwartz aber auch erwähnen, dass Unternehmen wie General Electric oder FCCI diesen Sprung gewagt haben und JBoss bereits einsetzen.
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